Drei Ziegel breit macht Schule

Das Dach der Emanuel Geibel Schule war stark sanierungsbedürftig und wurde originalgetreu wiederhergestellt. Somit prägt es nachhaltig das besondere Stadtbild der Lübecker Altstadt.
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Mansarddach mit historischer Bedeutung

Gebrochene, abgescherbelte Dachziegel, loser Mörtel im Ort- und Gratbereich: Das Dach der denkmalgeschützten Emanuel Geibel Schule in der Lübecker Altstadt war stark sanierungsbedürftig. Auf rund 1.300 m² verlegte die Hermann Michelau GmbH Segmentschnittbiber in Kronendeckung samt eingebundenen, drei Biber breiten Kehlen. Und für die Orte ließen sich die Experten etwas Besonderes einfallen.

Das dreigeschossige Gebäude mit ausgebautem Mansarddach steht wegen seiner geschichtlichen und wissenschaftlichen Bedeutung unter Denkmalschutz und prägt die Kulturlandschaft der engen Altstadt Lübecks. Das Bauwerk wurde Ende des 19. Jahrhunderts als Schule in traditioneller Backsteinarchitektur gebaut. Neben den verschlissenen Installationen und dem fehlenden Brandschutz war die Originaldacheindeckung nach etwa 120 Jahren in der Substanz stark geschädigt. Durch Fehlstellen, die durch gebrochene, abgescherbelte und abgerutschte Dachziegel des mit Biberschwanzziegeln in Kronendeckung eingedeckten Daches hervorgerufen wurden, waren massive Undichtigkeiten in der Dachhaut entstanden.

Darüber hinaus bestand durch die abrutschenden Dachziegel eine erhöhte Gefährdung der Verkehrssicherheit vor Ort. So wurde in Abstimmung mit der Denkmalpflege von der örtlichen Bauverwaltung geplant, das komplette Mansarddach des Hauptgebäudes mit neuen Biberschwanz-Dachziegeln einzudecken und den Dachstuhl zu ertüchtigen.

Die Aufgabe: Das Dach originalgetreu wiederherstellen

Den Auftrag zur umfangreichen Dachsanierung erhielt die Hermann Michelau GmbH aus Lübeck. Die Dacheindeckung sollte unter Wahrung des Charakters möglichst originalgetreu wiederhergestellt werden. In enger Abstimmung mit der Denkmalpflege wurde nach einer Bemusterung ein Dachziegel mit traditioneller Optik gewählt. Zum Einsatz für die etwa 1.300 m² große Dachfläche kam ein Opal Berliner Biber 15,5/38 in Naturrot. Der Opal Berliner Biber 15,5/38 hat eine filigrane strukturierte Oberfläche mit Segmentschnitt.

Daraus ergibt sich ein vertikal betontes, elegantes Deckbild. Der Biberschwanzziegel hat eine Deckbreite von circa 15,5 cm und in der Kronendeckung einen Traglattenabstand von 290 bis 330mm. Die Sanierungsarbeit war ein Fall für den jungen Dachdeckermeister Florian Nieland, der als Bauleiter des Unternehmens vor allem mit der Bearbeitung der eingebundenen Kehlen in die Kronendeckung betraut war. Nach dem Abtragen der alten Biberschwanz Ziegeldeckung sowie der Traglattung mussten einige Teile des alten Dachstuhls ertüchtigt werden. Die Dachdecker verlegten eine Unterdeckbahn, die auch vorübergehend als Behelfsdeckung diente, ordneten eine Konterlattung an und fixierten nach der Dacheinteilung die Traglattung. Die Kehlschalungen wurden jeweils mit drei Brettern und einer Vordeckung gebildet.

Drei Ziegel breit

Für die Ausführung der drei Ziegel breiten Biberkehle in dem Kronendach wählte der Dachdecker die Viererteilung mit zwei Unterläuferschichten, einer Kehllagerschicht sowie einer Kehldeckschicht. Dies ergibt vier Lagen Kehlgebinde auf jedes Kronengebinde der Dachflächen. Damit konnte er trotz erhöhtem Aufwand in den annähernd gleichhüftig eingebundenen Kehlen entsprechend Kreuzfugen vermeiden.

Bei einer Viererteilung ergibt sich eine zusätzliche Unterläuferschicht. Der Einsatz der Viererteilung ist zwar mit erhöhtem Mehraufwand verbunden; er erleichtert aber auch die Vermeidung von sogenannten Kreuzfugen in der Einbindung der Kronendeckung in die Kehldeckung und sorgt somit für eine bessere Regensicherheit der eingebundenen Biberkehle. Kreuzfugen sind nach dem Regelwerk schon dann gegeben, wenn die allseitige Über- oder Unterdeckung weniger als 2 cm beträgt.

Die Befestigung der zugerichteten Biber auf der Kehlschalung mit Vordeckung erfolgte einerseits mit einer Kehl- und Gratklammer, die den Dachziegel ganz ohne Bohren lagesicher hält. Die Kehlund Gratklammer besteht aus korrosionsbeständigem Edelstahl und garantiert einen dauerhaften Halt. Darüber hinaus wurden die Kehlbiber zusätzlich mit einer Schraube gesichert.

Kehlschicht, Deckschicht, Lagerschicht

Für den Kehlanfang verlegte der Dachdeckermeister einen Wasserbiber, der über der eingespitzten Traufschicht liegt. So konnte er die Kehlschichten der Situation aus den einlaufenden Dachflächen gut anpassen. Zwei Kehlbiber wurden darüber in Richtung des Kehlsparrens eingedeckt. Danach konnte Florian Nieland die zweite Kehlschicht mit der Lagerschicht der großen Dachflächen einbinden. Die nachfolgende dritte Kehlschicht wurde nun mit der Deckschicht eingebunden. Im gleichen Rhythmus wiederholen sich die Schichten und binden sowohl die Lager wie auch die Deckschicht der Kronendeckung ein. Als Zusatzbiber setzte der Dachdeckermeister Universalunterläufer ein, die die Arbeit erleichtern, das Beischroten reduzieren und, da keine Ausbrüche von unten sichtbar sind, auch optische Vorteile bieten. So kann der Universalunterläufer bei eingebundenen Biberkehlen sowohl für den rechten als auch für den linken Übergang der Unterläuferschicht zur Deck- bzw. Lagerschicht eingesetzt werden.

Biberabschnitt in Querlage gemörtelt

Eine besondere Lösung wurde nach den Anforderungen der Denkmalpflege für die Ausführung der Ortgänge der Zwerchhäuser ausgeführt; hier mörtelten die Dachdecker Biberabschnitte als Querlage so auf der Mauerkrone ein, dass nur die Segmentbögen aus dem Mörtelbett herausragen. Firste und Grate wurden als Trockenfirst mit einer Sonderfertigung des Firtstziegels als Stiefelknecht ausgebildet. Hierzu verlegten die Dachdecker ein Firstlüftungsband, das die Unterkonstruktion vor dem Eintrieb von Flugschnee und Treibregen schützt. Mit dem Firstziegel Typ Stiefelknecht, der als konischer First mit Klammer und Schraube mechanisch fixiert wurde, wurden Firste und Grate abgedeckt. Dies erhöht die Sicherheit der Dachdeckung. Eventuelle Frostschäden an Vermörtelungen werden vermieden und die Langlebigkeit der Dachkonstruktion verbessert.

Anspruchsvolle Arbeit mit gutem Ergebnis

Die eingebundene Biberkehle im Kronendach gehört sicher zu den interessantesten und anspruchsvollsten Möglichkeiten, das Wasser in einer Kehlebene sicher abzuleiten. Optisch überzeugt die eingebundene Lösung durch die fließenden Übergänge und zeugt von der hohen Handwerkskunst im Dachdeckerhandwerk. Sowohl der Bauherr als auch das Denkmalamt und das Team der Firma Michelau sind mit dem Ergebnis zufrieden.

Details

Objekt: Emanuel Geibel Schule Lübeck
Projekt: Dachsanierung
Zuständiges Denkmalamt: Archäologie und Denkmalpflege,
Obere und Untere Denkmalschutzbehörde Hansestadt Lübeck
Ausführung: Hermann Michelau GmbH (Lübeck)
Produkt: 

 

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